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Marion Princk ist Inzestüberlebende - es endete 2006 mit dem Tod ihres Vaters im Alter von 31. Bis dahin kämpfte sie unbewusst, war dem Tode näher als dem Leben und versteckte dies hinter einer lebenslang ausgefeilten Illusion ihrer Selbst. Denn bereits als Kleinkind lernte sie: Jede Information nach außen hätte noch mehr Hölle, Gewalt und Angst bedeutet. Nun, da der Haupttäter tot war, ließen sich die grausamen Erinnerungen nicht mehr zurückhalten. Sie stand vor der Frage, sich durch Suizid zu befreien oder ihr Leben das erste Mal nach eigenen Regeln aufzubauen. Der bewusste Kampf um ihr Leben, ihre Identität und ihre Selbstbestimmung in einer bisher täterdominierten Welt begann. Ein äußerst schmerzhafter, mit unglaublichen Höhen und Tiefen, weil sich das Schutzschild der Verdrängung nicht mehr aufrechterhalten ließ. Frau Princk war gezwungen in den Opferschutz zu gehen. Ihr Leben stand Kopf. Sie verlor ihre berufliche Karriere, ihre Freunde, ihr gesamtes Leben, welches sie sich fernab ihres Doppellebens als Sexsklavin und "Ersatzfrau" ihres Vaters trotz allem mit aller Kraft aufgebaut hatte. Heute, 18 Jahre später, versteht sie, warum sie psychisch, körperlich und zwischenmenschlich viele, scheinbar undefinierbare Probleme hatte oder warum sie auf unerklärliche Weise immer wieder ähnliche Gewalt und sexuelle Übergriffe, auch außerhalb ihrer Familie, erlebt hat. Anpassung und eine durch Todesangst tief angelegte Hörigkeit prägten ihr Leben unter Sexualstraftätern als Eltern und Großeltern. Selbstsicherheit konnte sie nur spielen, denn tief in sich trug sie das Wissen: Nähert sich ihr jemand auf ähnliche Weise, übt Druck, Gewalt oder sogar Sexualität aus, ist sie handlungsunfähig. Ein "Nein" ist keine Option und wird bestraft. Selbst liebevolle Gefühle lösten gefährliche, täterloyale Traumareaktionen aus, die ihr als Kind und lange Zeit während der Taten das Leben retteten. Nun ging es darum, diese traumabedingte Schwachstelle schützen und bestenfalls ausheilen zu lernen. Da ihre psychisch kranke Mutter, die Opfer aber auch Täterin war, durch das Netzwerk der Psychiatrie und des Gesundheitssystems keine adäquate Hilfe, sondern aus ihrer Wahrnehmung eher die Garantie des ewigen Opfers erfuhr, kam dieser Weg für sie nicht in Frage. Die Lebensrettung war "El Faro" Berlin. Hier fand Marion Princk nicht nur Schutz, sondern auch Antworten und eine Perspektive, so dass sie sich heute selbst ehrenamtlich engagiert.
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